Dienstag, 10.10.2017

Blutzuckermessungen bei Diabetes gehört nicht zum grundpflegerischen Aufwand

Das BSG hat mit Urteil vom 28.09.2017 - B 3 P 3/16 R -  entschieden, dass der zeitliche Aufwand für die Kontrolle des Blutzuckers und ggf. nötige Anpassung der Insulindosis nicht der Grundpflege zuzurechnen ist, sondern zu den behandlungspflegerischen Maßnahmen gehört.

Der 2004 geborene Kläger erkrankte im Alter von drei Jahren an Diabetes mellitus Typ I und ist mit einer Insulinpumpe versorgt. Da seine Blutzuckerwerte großen Schwankungen unterliegen, sind zur Sicherung der Stoffwechsellage täglich ca. zehn Blutzuckermessungen sowohl im zeitlichen Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme als auch unabhängig davon erforderlich. Der durch die Eltern des Klägers gestellte Antrag auf Gewährung von Pflegeleistungen lehnte die beklagte Pflegekasse nach Einholung von Gutachten des MDK ab und wies auch den Widerspruch zurück mit der Begründung, dass die Grenze von mehr als 45 Minuten durchschnittlich täglich nicht erreicht seien. Der wegen der Diabetes bestehende umfangreiche Behandlungspflegeaufwand sei nach dem im Recht der Pflegeversicherung geltenden Begutachtungsrichtlinien des GKV –  Spitzenverbandes sowie der Rechtsprechung des BSG dem grundpflegerischen Aufwand nicht zuzurechnen. Das Sozialgericht hatte die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass keine Grundpflege im Umfang von mehr 45 Minuten täglich durchschnittlich benötigt würde. Die Blutzuckermessung sei nicht Teil der Grundpflege, sondern der Behandlungspflege. Das Landessozialgericht hatte sich der Auffassung des Sozialgerichtes angeschlossen und die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der bei ihm bestehende Hilfe-Mehrbedarf bei der Grundpflege erreiche bei weitem nicht den erforderlichen Grenzwert. Der Zeitaufwand für die Kontrolle des Blutzuckers und die evtl. Anpassung der Insulindosis sei nicht der Grundpflege zuzurechnen.
 
Das BSG hat die Revision des Klägers zurückgewiesen.
 
Nach Auffassung des BSG wird bei dem Kläger das für die Pflegegeldgewährung erforderliche zeitliche Ausmaß an täglich durchschnittlicher Grundpflege von mehr als 45 Minuten nicht erreicht. Insbesondere sei es nicht zu beanstanden, dass das Landessozialgericht den zeitlichen Aufwand der Hilfe für die Kontrolle des Blutzuckers und die ggf. nötige Anpassung der Insulindosis bei dem Kläger nicht der Grundpflege zugerechnet habe. Zur Grundpflege zähle gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI a. F. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung. Eine Medikamentengabe sei dagegen regelmäßig keine Nahrungsaufnahme, sondern eine Form der Behandlungspflege. Für dieses Ergebnis würde auch sprechen, dass es nach den Feststellungen des Landessozialgerichts bei dem Kläger zur Sicherung seiner Stoffwechsellage täglich ca. zehn Blutzuckermessungen  erforderlich seien, und zwar auch unabhängig von der Nahrungsaufnahme.