Dienstag, 02.05.2017

Presserecht – Urteil des OLG Köln zur Berichterstattung über Beziehung zwischen Carolin Kebekus und Serdar Somuncu
 

Läuft man im Zeitschriftenkiosk an dem Regal mit der Boulevard-Presse vorbei, fällt auf, dass in den einschlägigen Klatschmagazinen auf der Titelseite immer mal wieder großflächig Widerrufe oder Richtigstellungen sowie Stellungnahmen von Prominenten abgedruckt sind. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die einschlägigen Magazine immer weiter in den privatesten Lebensbereich von „Prominenten“ einzudringen und jedes noch so kleine Detail aus deren Privatleben auflagensteigernd und somit gewinnbringend auswerten möchten.
 
Zu der Frage, welche Informationen und insbesondere auch welche Fotos von Prominenten in der Presse abgedruckt werden dürfen und wie das Informationsinteresse der Allgemeinheit mit den Persönlichkeitsrechten der betroffenen Prominenten abzuwägen ist, gibt es zahlreiche Urteile, auch des Bundesverfassungsgerichts. Nicht zuletzt die sog. Caroline-Urteile des Bundesverfassungsgerichts aus den 1990er Jahren sind auch vielen Nichtjuristen bekannt. Prinzessin Caroline von Monaco ging damals zunächst auf nationaler Ebene in Deutschland gegen die Veröffentlichung von solchen Fotos vor, die Paparazzi von ihr im Urlaub oder in sonstigen privaten Situationen gefertigt hatten und durchschritt damit alle Instanzen des Zivilrechtsweges bis zum Bundesgerichtshof, hernach wurde auch vor dem Bundesverfassungsgericht bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gestritten. Maßgeblich für die Frage, was über einen Prominenten berichtet werden darf ist die Frage, ob es sich um eine Person der Zeitgeschichte handelt, was dazu führen kann, dass über diese Person aufgrund des echten Informationsbedürfnisses der Allgemeinheit ein gerechtfertigtes Interesse an einer bildlichen Darstellung etc. besteht. Insbesondere ging es in den geschilderten Fällen um die Frage, ob einer solchen Person der Zeitgeschichte ein besonderer Schutz dann zuteil werden muss, wenn sie sich in Abgeschiedenheit befindet und objektiv erkennbar für sich allein sein will und sich aufgrund der Tatsache, dass sie davon ausgeht, in der konkreten Situation „allein“ zu sein, dementsprechend verhält. Abgewogen werden müssen insoweit die Rechte der Pressefreiheit/Meinungsäußerung sowie der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und die Privatsphäre der betroffenen Person, die ebenfalls verfassungsrechtlich geschützt sind. Welches Recht in welchem Fall überwiegt, muss eine Einzelfallentscheidung ergeben.
 
Aktuell machte ein Urteil des OLG Köln Schlagzeilen. Ein Onlineportal hatte über die Kabarettistin Carolin Kebekus und deren Verhältnis zu einem anderen, türkischstämmigen Kabarettisten gemutmaßt. Die Kabarettistin forderte daraufhin dazu auf, die gegenständlichen Passagen des Artikels zu entfernen. Sie war der Auffassung, durch diese Berichterstattung werde sie in ihrer Privatsphäre verletzt, da sie ihr Privatleben trotz ihrer Prominenz stets privat gehalten habe und derartige Informationen nicht preisgeben wollte. Nachdem das Landgericht Köln noch geurteilt hatte, es bestehe ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004, 823 BGB Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG hat das OLG Köln nunmehr aus prozessrechtlichen Gründen anders entschieden. Das Landgericht Köln hatte noch auf dem Standpunkt gestanden, dass selbst wenn eine wahre Tatsachenbehauptung vorliege, die Äußerung in die Privatsphäre der Klägerin eingreifen würde. Somit war hier die Frage, ob die Tatsache wahr ist oder nicht, offengelassen worden. Im Allgemeinen ist es im Äußerungsrecht so, dass ein Unterlassungsanspruch dann besteht, wenn entweder eine unwahre Tatsache behauptet wird, da an der Verbreitung unwahrer Tatsachen ein schutzwürdiges Interesse nicht bestehen kann oder wenn es sich bei der dargestellten Meinung um eine sog. Schmähkritik/Beleidigung handelt, die beide nicht von der Meinungsfreiheit umfasst sind.
 
Das OLG Köln hat nunmehr entschieden, dass über das Verhältnis berichtet werden durfte, da die Kabarettistin das Bestehen der Ehe zwischen ihr und dem Kollegen im Zivilprozess nicht ausreichend bestritten habe und das Oberlandesgericht Köln daher prozessual die Tatsache, dass eine Ehe besteht als unstreitig behandeln musste. Bei Bestehen einer solchen Ehe oder wenn aus prozessualen Gründen eine solche als unstreitig gilt, sei die Tatsachenbehauptung es bestehe ein „Verhältnis“ zwischen zwei Personen von der wahren Tatsache des Bestehens einer Ehe eingeschlossen.
 
Hierbei handele es sich zudem um eine zulässige Behauptung einer wahren Tatsache die aus der Sozialsphäre, d.h. nicht aus der besonders geschützten Intimsphäre der Kabarettistin stamme und somit sei die Veröffentlichung rechtmäßig gewesen. Die Entscheidung fußt damit auf der Schwierigkeit, dass durch das Gericht nicht einwandfrei aufklärbar war, ob die Kabarettisten tatsächlich miteinander verheiratet sind, wofür aber in der Berufungsinstanz die beklagte Zeitung viele Anhaltspunkte vorgetragen habe, was dazu geführt hat, dass das einfache Bestreiten der Kabarettistin eine solche Ehe bestünde nicht, nicht ausreichte, um substantiiert hiergegen anzugehen. Mangels substantiierten Bestreiten musste das Gericht daher davon ausgehen, dass das Bestehen der Ehe unstreitig ist. Dies hat insbesondere auch damit zu tun, dass anders als im Strafverfahren das Gericht nicht von Amts wegen eigene Aufklärungen betreiben darf und etwa in öffentlichen Registern etc. nachforschen, ob die Ehe besteht oder nicht. Dies liegt daran, dass im Zivilprozess die sog. Parteimaxime herrscht, d.h. die Parteien eines Rechtsstreites selbst sind dafür verantwortlich, den für sie günstigen Tatsachenstoff vorzutragen, auf dessen Grundlage das Gericht sodann eine Entscheidung trifft.
 
Darüber hinaus stellte das OLG Köln klar, dass eine Eheschließung nicht dem Bereich der Intimsphäre, sondern der sog. Sozialsphäre zuzuordnen sei. Über wahre Tatsachen aus diesem Bereich dürfe bei Prominenten daher regelmäßig berichtet werden.
 
Interessanterweise hat das Oberlandesgericht auch deutlich gemacht, dass eine Berichterstattung über bloße Gerüchte hingegen nicht zulässig ist. Da die Revision durch das OLG Köln mangels grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zugelassen hat, dürfte diese Entscheidung nunmehr endgültig sein.